Auftreten transienter neurologischer Symptome nach Spinalanästhesie mit Lidocain im Vergleich zu anderen Lokalanästhetika bei Erwachsenen, die sich einer Operation unterziehen

Fragestellung

Wir wollten feststellen, ob transiente neurologische Symptome (TNS) nach dem Abklingen der Spinalanästhesie bei Erwachsenen unter Lidocain häufiger auftreten als unter anderen Lokalanästhetika. Die Symptome sind leichte bis starke Schmerzen im Gesäß und in den Beinen, die tagelang anhalten können. Wir suchten auch nach länger andauernden sensorischen oder motorischen Störungen durch Nervenschäden infolge von örtlicher Betäubung, die als neurologische Komplikationen bezeichnet werden.

Hintergrund

Leichte Schmerzen im unteren Rücken sind eine häufige Beschwerde nach einer Spinalanästhesie (bei der anstatt einer Vollnarkose des ganzen Körpers ein Lokalanästhetikum in die Wirbelsäule gespritzt wird). Auch Kopfschmerzen und niedriger Blutdruck können auftreten. Die Symptome von TNS sind anders. Sie treten innerhalb von wenigen Stunden bis zu 24 Stunden nach der Spinalanästhesie auf und können bis zu zwei bis fünf Tage andauern.

Lidocain (ein Lokalanästhetikum) wird wegen seiner einzigartig kurzen Wirkungsdauer, der intensiven Blockade, dem raschen Abklingen und der Eignung für ambulante Eingriffe weiterhin zur Spinalanästhesie verwendet, aber es werden Alternativen benötigt.

Dieser Review wurde erstmals 2005 veröffentlicht und im Jahr 2009 aktualisiert.

Studienmerkmale

Wir schlossen alle randomisierten Studien und quasi-randomisierten Studien ein, in denen die Häufigkeit von TNS und neurologischen Komplikationen nach Spinalanästhesie mit Lidocain gegenüber anderen Lokalanästhetika verglichen wurde. In randomisierten Studien werden zwei oder mehr Behandlungen verglichen, wobei die Behandlungen den Teilnehmern nach einem Zufallsmechanismus zugeteilt werden, der von den Studienorganisatoren nicht vorhergesagt werden kann. Quasi-randomisierte Studien sind ähnlich, werden aber eigentlich nicht nach dem Zufallsprinzip durchgeführt. Der Studienorganisator kann hier mit größerer Wahrscheinlichkeit vorhersagen, welche Behandlung die Teilnehmer erhalten (z. B. anhand des Geburtsdatums oder der Reihenfolge, in der die Teilnehmer in die Studie aufgenommen wurden).

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 25. November 2018.

Hauptergebnisse

Wir schlossen 24 Studien mit über 2226 Teilnehmern ein, von denen 239 TNS entwickelten. Es gab keine Evidenz dafür, dass TNS mit einer spezifischen neurologischen Erkrankung in Verbindung stand. Die Symptome verschwanden spontan am fünften Tag nach der Operation. Das Risiko für TNS war unter Lidocain als Spinalanästhetikum im Vergleich zu Bupivacain, Prilocain oder Procain erhöht und ähnlich im Vergleich zu 2-Chloroprocain und Mepivacain.

Insbesondere beim direkten Vergleich alternativer Lokalanästhetika mit Lidocain reduzierte sich das Risiko für TNS zwischen 82 % und 90 %, wenn anstelle von Lidocain Bupivacain, Levobupivacain, Prilocain, Procain und Ropivacain eingesetzt wurden. Zwischen Lidocain und 2-Chloroprocain oder Mepivacain gab es bezüglich TNS keine eindeutigen Unterschiede. Im Fall von 2-Chloroprocain trat TNS nur in einer einzigen Studie auf, und die Ergebnisse variierten bei der kleinen Zahl der Teilnehmer sehr stark. Schmerzhafte Symptome klangen bei allen Teilnehmern am fünften Tag nach der Operation ab. Von den schwangeren Frauen, die operiert wurden, entwickelten nur 3/310 Frauen TNS. Es konnten keine Schlussfolgerungen darüber gezogen werden, ob die Symptome unter Lidocain wahrscheinlicher waren.

Die Autoren verwendeten außerdem die statistische Methode der Netzwerk-Metaanalyse, um die verschiedenen Lokalanästhetika zu vergleichen. Diese Analyse zeigte ebenfalls, dass das Risiko für TNS bei Bupivacain, Levobupivacain, Prilocain, Procain und Ropivacain geringer war, während sich 2-Chloroprocain und Mepivacain im Vergleich zu Lidocain im Hinblick auf das TNS-Risiko nicht unterschieden.

Qualität der Evidenz

Aufgrund der sehr niedrigen bis moderaten Qualität der Evidenz bei den derzeit vorliegenden Studien ist Forschung in diesem Bereich erforderlich, um Alternativen zu Lidocain, die eine hochwertige Anästhesie ohne TNS-Entwicklung ermöglichen, zu bewerten.

Schlussfolgerung

Lidocain ist in der ambulanten Chirurgie (oder Tageschirurgie) wegen seines raschen Wirkeintritts, der intensiven Nervenblockade und der kurzen Wirkdauer das Medikament der Wahl für die Einleitung der Spinalanästhesie. Der vorliegende Review zeigt, dass Lidocain mit größerer Wahrscheinlichkeit TNS verursacht als Bupivacain, Prilocain und Procain. Diese Medikamente wirken jedoch länger örtlich betäubend und sind daher für ambulante Patienten keine wünschenswerte Option.

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass 2-Chloroprocain bei ambulanten Operationen von kurzer Dauer und geburtshilflichen Eingriffen eine praktikable Alternative zu Lidocain sein könnte, da dieses Lokalanästhetikum einen raschen Wirkeintritt hat, schnell verstoffwechselt wird und eine geringe Toxizität aufweist. Diese Schlussfolgerung stützt sich jedoch nur auf zwei Studien und Evidenz von niedriger Qualität.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

K. Jones, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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